Projekt Otterzaun

Im Februar 2021 wurde ein Antrag auf Förderung zum Bau eines ottersicheren Zaunes beim Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung in Schleswig-Holstein gestellt. Die Vorarbeiten dazu gehen bis ins Jahr 2018 zurück, da sich die Otter rasant vermehrten und Betrieb der Krebszucht Oeversee bedrohten:

Die Krebszucht Oeversee besteht seit 1981. In den letzten Jahrzehnten ist der Betrieb Schritt für Schritt weit über die Grenzen Schleswig-Holsteins hinaus zu einem nachhaltig wirtschaftenden anerkannten Zuchtbetrieb für die extrem bedrohten Edelkrebse (Astacus astacus L.), aber auch für Fische (Schmerlen (Barbartula barbartula), Elritzen (Poxinus phoxinus) und Muscheln (Unio crassus), alle Arten autochthon, u. a. weiterentwickelt worden.

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In und um die Teichanlage herum konnte eine sehr stabile Population von Laubfröschen aufgebaut werden (mehr als 100 Rufer). Neben Laubfröschen haben sich Grasfrösche, Erdkröten, teilweise sogar Kreuzkröten, Wasserfrösche und eine reichhaltige Insektenwelt entwickelt. Zahlreiche Forschungsarbeiten und Projekte konnten zusammen mit Universitäten (besonders der Universität Kiel) zu verschiedenen limnologischen Themen durchgeführt werden. Aufgrund der intensiven Bindungen an die verschiedenen Fachbereiche der Universitäten, mittlerweile über ganz Deutschland verteilt, kam es zur Gründung des Institutes für nachhaltiges Ressourcenmanagement gGmbH, ebenfalls mit Sitz in Oeversee. 

Die europäischen Edelkrebse (Astacus astacus L.) in der Krebszucht Oeversee sind nach neuesten Untersuchungen einzigartig in Europa. Der Edelkrebs hat die Eiszeiten vermutlich in Südeuropa überdauert. Nach dem Rückzug des Inlandeises wurde Zentral- und Nordeuropa wiederbesiedelt. Die gemeinhin bekannten genetischen Hot Spots der Art liegen daher überwiegend auf dem Balkan, in Rumänien und Bulgarien. In Deutschland sind jedoch weiterhin genetisch unterschiedliche Strukturen vorhanden. Während die häufigste genetische Variante, der Haplotyp H01, in Deutschland und weiten Teilen Europas vorherrscht, zeigen Edelkrebse aus Schleswig-Holstein einzigartige genetische Ausprägungen, die bisher weder weiter südlich noch weiter nördlich nachgewiesen wurden. Diese Haplotypen wurden H09, H10 und H24 genannt. Damit tragen die Edelkrebse in Schleswig-Holstein die größte genetische Vielfalt in Deutschland, vergleichbar mit der in den eiszeitlichen Rückzugsgebieten der Art in Südosteuropa. Der Ursprung dieser Haplotypen kann nicht durch Einwanderung erklärt werden, da auch in z.B. Finnland ausschließlich der in Deutschland verbreitete Haplotyp H01 vorkommt. Ein Überdauern der Edelkrebse mit diesen Haplotypen in Norddeutschland während des Weichselglazials ist eine Möglichkeit für deren genetische Differenzierung. Ein solches Überdauern wird auch bei weiteren limnischen Arten vermutet. Diese „Andersartigkeit“ zeichnet die Flusskrebse in Schleswig-Holstein aus und sie allein rechtfertig ihre besondere Schutzwürdigkeit.

Zudem weisen neueste Untersuchungen darauf hin, dass Populationen europäischer Flusskrebse mit einer hohen Anzahl an Haplotypen eher eine Resistenz gegenüber der Krebspest aufweisen. Diese pilzartige Erkrankung ist im Wesentlichen für das Verschwinden der europäischen Flusskrebse verantwortlich und auch aktuell verhindert die Präsenz des Erregers in offenen Gewässern eine Wiederansiedlung von Edelkrebsen. Resistente Populationen des Edelkrebses könnten dort dennoch erfolgreich angesiedelt werden.

Um diese genetische Vielfalt als fischereiliche Ressource zu bewahren und zudem die Ziele der Biodiversitätskonvention zu erreichen, werden mittel- und langfristig zahlreiche Gewässer verteilt auf alle Regionen in Schleswig-Holstein mit Edelkrebsen aus den genetisch unterschiedlichen Populationen besetzt. Eine besonders vielversprechende Möglichkeit ist dabei die Ansiedelung in Abgrabungsgewässern.

Die Edelkrebse in der Krebszucht Oeversee stammen ursprünglich aus dem Langsee (bei Idstedt) und dem Schulensee (bei Kiel). Möglicherweise kommen noch in diesem Jahr Edelkrebse aus dem Benzer See (bei Plön) hinzu. Diese einzigartigen Überlebenden der vergangenen Jahrtausende werden in der Teichwirtschaft in Oeversee mit großem Aufwand in voneinander getrennten Populationen gehalten und vermehrt, damit der sehr stark bedrohte Restbestand nicht erlischt. Diese Art einerseits zu halten und zu vermehren, um die Tiere dann in dafür in Frage kommende Gewässer auszusetzen, ist ein sehr großes Potenzial für die Krebse aus Schleswig-Holstein und für ganz Europa.

Der Bau eines Zaunes um die Krebszucht Oeversee soll den Konflikt zwischen Otter und Mensch herabsetzen und die Existenz der Krebszucht Oeversee und die Arterhaltung sichern.

Nachgewiesenermaßen ernähren sich die Otter sehr gerne, so vorhanden, von Krebsen, die noch bis dato in öffentlichen Gewässern überlebt haben. So kommt der Umzäunung der Krebszucht in Oeversee eine weitere Bedeutung zu.

Die Otter vermehrten sich im Bereich der Treene wesentlich schneller als erwartet: Sie sind im oberen Bereich der Treene in „größerer Zahl“ (es gab mindestens zweimal Nachwuchs, in diesem Jahr könnte der Nachwuchs möglicherweise das zweite Mal reproduzieren!)  nachweislich vorhanden.

Mittlerweile haben die Otter den Weg zur Krebszucht, wie vorhergesagt, für sich entdeckt und sind mehrfach nachgewiesen worden. Sobald die Krebse nach der Winterruhe aktiv werden, werden sie Opfer der Otter werden, wie jetzt schon die Meerforellen in der Krebszucht.

Die kompakte Teichanlage, von zwei Seiten eingebettet von Häusern, muss zur Gänze eingezäunt werden, damit der Betrieb, Zufahrten, Versorgung etc. aufrechterhalten werden kann.

Der Zaun soll auf die Grundstücksgrenze zur angrenzenden Bebauung und zum Außenbereich in den Wall hinein errichtet werden. Andernfalls ist die Zuwegung um die Teichanlage herum nicht mehr gegeben. Somit ist es erforderlich, einen höheren und festen Zaun zu errichten, damit bei Arbeiten der Nachbarn an der Grenze (Hecke schneiden etc.) die Einfriedung nicht beschädigt wird. Zudem dürfen die Nachbarn Hecken entlang der Grenze auf 1,50 m Höhe wachsen lassen; der Otterzaun muss also deutlich darüber liegen.

Der Bau eines Zaunes, der Otter sicher vom Grundstück fernhält, ist deshalb unerlässlich für den Fortbestand der Krebszucht Oeversee und den damit einhergehenden Forschungsarbeiten. Da ein Betrieb meiner Größe die Kosten nicht tragen kann, beantrage ich eine Förderung zu 100%. Die Wartungsarbeiten werden von mir übernommen.

 

Dieser Antrag wurde mit folgender Begründung abgelehnt, „Für Schäden die durch wildlebende, herrenlose Tiere verursacht werden, sieht der Gesetzgeber prinzipiell keine Haftung des Staates oder einer anderen Stelle vor. Soweit also Schäden durch herrenlose Tiere nicht durch vorbeugende Maßnahmen der jeweils Betroffenen (Bedrohten) vermieden werden können, sind sie vom Grundsatz her entschädigungslos hinzunehmen“.

2022 musste die Krebszucht Oeversee Verluste zwischen 70 und 95 % je nach Besatzdichte und Größe der Krebse durch Otter hinnehmen. Die Befürchtungen traten schneller und massiver ein als im Vorfeld angenommen. 

2023 wurde ein aufwendiger ottersicherer Zaun über das Landesprogramm Fischerei und Aquakultur 2021-2027, gefördert durch die Europäische Union, die Bundesrepublik Deutschland und das Land Schleswig-Holstein errichtet.